Der Erfolg der AfD als Scheitern der Linken

Scheiss Drecksnest

Eine Leipziger Sicht: die Bundestageswahlen in Sachsen

Von Pascal Hillgärtner, antifaschistischer und antimilitaristischer Aktivist

Die AfD ist in Sachsen mit 28% zur stärksten Kraft geworden. Die PdL (Partei die Linke) landen auf Platz drei mit 16,1%. Leipzig ist zwar nicht repräsentativ für Sachsen. (In Wahlkreis Leipzig II ist die PdL mit 22,5% die stärkste Kraft und die AfD mit 16% auf Platz drei.) Trotzdem können wir aus der Betrachtung der Stadt einiges für Sachsen schlussfolgern.

Leipzig ist die größte und älteste Studentenstadt in Sachsen und damit sehr beliebt bei mehrheitlich westdeutschen Studenten. Auch nach dem Studium lassen sich Teile von ihnen hier, in den als „Zeckenkieze“ bekannten Stadtteilen, nieder. Dabei gibt es kaum einen Austausch zwischen den alten und den neuen Leipzigern. Die Stadtteile, aber auch Kneipen etc., in denen die alten Leipziger verkehren, sind meist als „Nazikieze“ verschrien.

Ausdruck dieser Demographie sind die Konflikte um die Demonstrationen des Leipziger Pegida-Ableger Legida. Auf der Seite von Legida handelten die Reden regelmäßig von der Hartz-IV-Gesetzgebung, Sozialabbau oder Kriegsgefahr. Es wurden Flaggen in den St.-Georg-Farben [Symbol des russischen Verteidigungskampfes gegen Nazi-Deutschland] geschwenkt oder Transparente mit „Russians Welcome“ gehalten. Die „Antifaschisten“ sonnten sich hingegen in ihrer moralischen Überlegenheit und titulierten die Teilnehmer als dumm, barbarisch oder bemängelten eine fehlende Weltoffenheit. Dass man dabei ein breites Bündnis mit den Parteien des Kriegs und des Sozialabbaus einging, ist dabei nur konsequent.

Die Front verläuft hier also, verallgemeinert, zwischen den kleinbürgerlichen Studenten und abgehängten ostdeutschen Arbeitern und Arbeitslosen.

Dass die Weltoffenheit der Linken nur ein Lippenbekenntnis ist, zeigte sich weiter im Oktober letzten Jahres, als das links-autonome Kulturzentrum Connie Island einen Text veröffentlichte, in dem sie vor der „Welle der Willkommenskultur“ kapitulierten. Darin schreiben sie, dass es durch ihre zu sanfte Flüchtlingspolitik (Flüchtlinge dürften jede Veranstaltung für 50 Cent besuchen, alleinerziehende Mutter auf Hartz IV oder der deutsche Arbeitslose natürlich hingegen nicht) vermehrt zu sexualisierten Übergriffen und Eigentumsdelikten gekommen wäre. Dafür gab es selbstverständlich von der rechten Seite massiv Applaus. Dass die PdL während des Wahlkampfs an diesem Ort Plakate mit der Aufschrift „Refugees Welcome“ aufgehängt hat, ist in diesem Zusammenhang nicht nur zynisch, sondern dient einzig und allein der moralischen Selbstvergewisserung.

Die PdL kam im gesamten Wahlkampf nicht über diese stark moralisierenden Argumentationen hinaus. Auch weil sie ihre Basis in den linken Stadtteilen nicht verprellen wollten (bzw. weil sie es einfach aus der Struktur ihrer Partei gar nicht können). So ist es z.B. eine AfD-Basis, die in Teilen sich positiv auf die DDR bezieht. (Hier im Ost ein sehr wichtiges Thema!)

Aber auch Themen wie Antiimperialismus sind ein totales No-Go, weshalb nicht nur der ostdeutsche Arbeiter ein wesentlicher Feind der Linken hier ist, sondern auch alle nicht-antideutschen Linken oder auch muslimische Migranten.

Bei einer Veranstaltung der Chefredakteurin der Melodie&Rhythmus, Susan Witt-Stahl, die regelmäßig zu antideutschen Ausfällen und der israelischen Besatzung referiert, kam es zu Flaschenwürfen auf die Teilnehmer der Veranstaltung und zu Anzeigen gegen z.B. einen von Abschiebung bedrohten muslimischen Flüchtling.

So eine Linke kann keine Wahlalternative für den durchschnittlichen Ostdeutschen sein.

Wenn dann noch regelmäßig „Antifaschisten“, nach rechten Gewaltorgien gegen Flüchtlinge, in die Gemeinden des Umlands einfallen und unter Randale Parolen wie „Bomber Harris do it again“ und „Scheiss Drecksnest“ skandieren, spielt das nicht nur der rechten Ideologie zu, sondern zerstört auch die letzte Vermittelbarkeit von zivilgesellschaftlichen Engagement für Flüchtlinge in diesen Städten und Dörfern.

Wir müssen den Aufstieg der AfD unmittelbar aus der Schwäche einer antagonistischen Linken erklären. Ohne eine klare Kante gegen, nur im Ansatz, pro-imperialistische und pro-kapitalistische Kräfte, werden wir nicht die Köpfe der Bevölkerung im Osten gewinnen können.