Politische Plattform der Europäischen Koordination für den Austritt aus Euro, EU und Nato

Mehrere fortschrittliche Organisationen aus den Ländern der Europäischen Union nehmen folgende politische Plattform für den Austritt aus Euro, EU und Nato an.

Die Unterzeichnenden, Mitglieder der Europäischen Koordination, setzen sich zum Ziel, eine internationale Front auf europäischer Ebene zu bilden. Sie arbeiten dafür, auf möglichst breiter Basis alle fortschrittlichen und demokratischen Kräfte zu versammeln, die sich für die Verteidigung der Interessen der Unter- und Mittelklassen, für den Austritt aus der Nato, der EU und dem Euro, sowie für die nationale Souveränität der Völker, für die Demokratie und die Vollbeschäftigung einsetzen.

 

Politische Plattform

Überall wird die Austerität den Völkern aufgezwungen

In allen Ländern der EU und insbesondere in der Eurozone betreiben die EU und die Regierungen ihrer Mitgliedsstaaten eine brutale antisoziale und antidemokratische Politik: massive Kürzung der öffentlichen Sozialausgaben; Lohndeflation durch restriktive Lohnpolitik; Abbau der Arbeitgeberbeiträge zu den Sozialsystemen; Subventionen an die Großunternehmen, die damit angeblich Arbeitsplätze schaffen sollen; Abbau der öffentlichen Leistungen und des Sozialsystems; Finanzialisierung der Wirtschaft und der öffentlichen Haushalte. Das Resultat sind ein enormer Anstieg der Massenarbeitslosigkeit und der Prekarität, mit dem einzigen Ziel ein System fortzuschreiben, das die Profite der spekulierenden Oligarchien zum Nachteil der großen Mehrheit garantiert und gleichzeitig das Überleben der Menschheit gefährdet.

 

Die Gründe

Die Ursache dieser Situation ist in der neoliberalen Politik der EU zu suchen, die durch den Vertrag von Lissabon festgezurrt ist. Dieser wiederum ruht auf den neoliberalen Dogmen, die sich als gegen die Interessen der Unter- und Mittelklassen gerichtet erwiesen haben. In der Eurozone verschärfen sich die Ungleichgewichte zwischen den Ländern. Der Euro ist eine massive Waffe gegen die Beschäftigung und gegen die nationale Souveränität der Völker. Die Einheitswährung dient ausschließlich dazu, die Kapitalrenditen zu sichern. Er hat zudem zur Verschuldung der sogenannten peripheren Staaten geführt. Die dauerhaft erhöhten Arbeitslosenraten waren sogar willkommen.

 

Der Charakter der Europäischen Union

Die europäische „Konstruktion“ hat ein „Wesen“, das auf den Werten und Interessen der westlichen herrschenden Klassen beruht: Europäismus, Atlantizismus, Kapitalismus, Autoritarismus. Ein solches System kann sein Wesen nicht verändern. Es kann nicht von innen verbessert werden. Die EU ist ein raffiniertes System, das eine Zivilisation des Marktes zu schaffen versucht. Die EU ist ein monströses System der Herrschaft über und der Entfremdung der Völker, von dem man sich emanzipieren muss. Es muss daher geschliffen und mit etwas radikal Neuem ersetzt werden: Eine Kooperation des Völker Europas und jener beidseitig des Mittelmeers.

 

Auflösung der Souveränität der Völker

Die EU ist ein Meisterstrück der neoliberalen Weltordnung, mit seinen gigantischen multinationalen Konzernen und seinen supranationalen Institutionen (WTO, IMF, Weltbank, Nato, EU, OECD).

Dieses System hat ein Hauptcharakteristikum: mit Nachdruck für die Auflösung der Souveränität der Völker auf der Ebene der Nationen zu wirken. Das ist das beste Mittel die Herrschaft des Großkapitals durchzusetzen. Davon legen Verträge wie CETA und TTIP Zeugnis ab. Die Souveränität der Nationen zu zerstören ist für die herrschenden Klassen die unabdingbare Voraussetzung dafür, dass es unmöglich wird die neoliberalen „Reformen“ zurückzuweisen.

 

Beseitigung der Nationen und der Demokratie

Volkssouveränität kann es ohne nationale Souveränität nicht geben. Historisch boten die Nationen den Rahmen in dem die Unter- und Mittelklassen für ihre politischen und sozialen Rechte kämpften – wo das Volk seine politische Souveränität ausübte. Die Nation zum Verschwinden zu bringen heißt also, die Demokratie zu beseitigen. Es bedeutet die Handlungsfähigkeit der Völker zu tilgen, über ihre Zukunft zu entscheiden.

Die Unterstützung der EU für das faschistisierende Regime in Kiew und die wilde antirussische Kampagne legen Zeugnis von der Unterordnung Brüssels unter die Nato und den amerikanischen Imperialismus ab.

 

Die große Mehrheit der politischen und gewerkschaftlichen „Linken“ sowie der Rechten hat sich für die neoliberale Globalisierung entschieden

Nach Jahren der Machtausübung in vielen Ländern der EU durch sozialistische, sozialdemokratische oder Arbeiterparteien, abwechselnd mit der Rechten, kann nun Bilanz gezogen werden: In Griechenland, Spanien, Portugal, Frankreich, Großbritannien konnte man sehen, dass diese Parteien vollständig neoliberal sind. Sie versuchen nicht einmal mehr so zu tun als, würden sie die Unter- und Mittelklassen verteidigen wollen. Überall bereiten sie den Boden für Regierungen der Großen Koalition nach dem deutschen Modell (einer Regierung, die Linke und Rechte vereinigt, eine parlamentarische Diktatur), so wie sie von der EU bereits in Griechenland, Spanien, Portugal und Italien ins Werk gesetzt wurden.

Während sich die Spaltung zwischen herrschenden und unteren Klassen immer weiter vertieft, wird jener zwischen der Linken und der Rechten immer unschärfer.

 

Gegen chauvinistische oder faschistische Begriffe der Nation

In vielen Ländern unterscheidet die sich die politische und gewerkschaftliche „Linke“ kaum von der Rechten. Diese Parteien und Organisationen haben den politischen Kontext geschaffen, in dem sich der Aufstieg der extremen Rechten vollzog, die eine ethnokulturelle Definition der Nation vertritt. Alle Parteien, die das Konzept der Nation und der Souveränität aufgegeben haben, zerstörten damit die Bedingungen der Möglichkeit von Politik und Demokratie selbst. Sie bereiten der xenophoben und chauvinistischen extremen Rechten das Bett, die den Gewerkschaften und allen Organisationen, die kollektiv die Interessen der Unter- und Mittelschichten vertreten, feindlich gesinnt sind.

Weit davon entfernt gegen das System zu sein, wie sie selbst behauptet, wirkt die extreme Rechte als indirekter Agent des Systems und der herrschenden Klassen.

 

Nationale und Volkssouveränität sowie internationalistischer Blick

Im Gegensatz zu der ins neoliberale Lager übergegangenen Linken sowie der übelriechenden extremen Rechten, objektiv einem Handlanger der herrschenden Klassen, der sich einen Diskurs der früheren Linken aneignete, wollen wir ein Denken, ein Handeln, ein Programm zugunsten der Interessen der Unter- und Mittelklassen rekonstruieren – in jedem Land der EU, dessen Souveränität respektierend und mit einer internationalistischen Vision basierend auf einem Gleichgewicht des Austausches und der Kooperation.

Das Herz unserer Strategie besteht in der Forderung nach nationaler Souveränität für jedes Land, wo die Völker über die juristischen und institutionellen Mittel verfügen darüber zu befinden, was ihrem allgemeinen Wohlergeben dienlich und wie es zu verwirklichen ist.

Die Schlüsselelemente dieses Emanzipationsprojektes sind:

  • Austritt aus den supranationalen Institutionen, die die neoliberale Weltordnung aufrechterhalten: Nato, IMF, Weltbank, WTO, EU und Euro.
  • Schnelle und vollständige Aufhebung der Arbeitslosigkeit und der Prekarität.
  • Plan zur Reindustrialisierung und Nationalisierung der strategischen Sektoren der Industrie und der Dienstleitungen.
  • Abschaffung der Finanzmärkte auf der Ebene der Nationen.
  • Zurückweisung und Annullierung der staatlichen Schulden.
  • Nationale protektionistische Maßnahmen im universalistischen Rahmen der Charta von Havanna 1948.
  • Ökologische Umwandung der Produktionsweise.

Wir nennen das Deglobalisierung.

 

Der Brexit bricht eine Breche ins euroliberale System

Nach dem französischen und holländischen „Nein“ 2005, dem irischen „Nein“ 2008, sagten die Griechen im Juli 2015 „Nein“. Doch der Wille all dieser Völker wurde missachtet.

Am 23. Juli 2016 haben die Briten mit dem Sieg des Brexit klar ihren Willen ausgedrückt, aus der EU auszutreten. Dieser Sieg ist ein schwerer Schlag gegen das System der EU.

Die Niederlage der europäistischen Oligarchien beim italienischen Referendum vom 4. Dezember 2016 hatte die gleiche Bedeutung. In Verteidigung der republikanischen Verfassung haben 60% der Bürger Italiens, vor allem die Jungen und die Arbeiter, Nein zur Politik der neoliberalen Austerität, Nein zu einem präsidentiellen Regime und Nein zu jeder weiteren Aufgabe von Souveränität gesagt.

Für den Augenblick reicht der Einfluss jener Kräfte, die die Rücknahme der neoliberalen Politik bewirken könnten, noch nicht aus.

Trotzdem sind nun die Bedingungen für wichtige Veränderungen der Kräfteverhältnisse gegeben, die allerdings im Rahmen der EU nicht realisiert werden können.

Die beherrschten Klassen aller EU-Länder können diese sich neu eröffnende Situation nutzen, um den Kampf für die Wiederherstellung ihrer nationalen und Volkssouveränität zu stärken und die EU zu schleifen. Das ist die unabdingbare Voraussetzung um aus der Austerität herauszukommen und die Macht zurückzuerobern, um eine Politik der sozialen Gerechtigkeit und der internationalen Kooperation für und durch das Volk zu führen.

 

Die unterzeichnenden Organisationen dieser Plattform erklären, dass sie in ihren jeweiligen Ländern Initiativen setzen werden, um die Bedingungen für eine internationale Front zu schaffen, um gemeinsam und koordiniert vorzugehen.

  • Parti de la démondialisation (Pardem) – Frankreich
  • Plataforma por la salida del euro – Spanien
  • Socialismo 21 – Spanien
  • Programma 101 – Movimento di Liberazione Popolare – Italien
  • Personenkomitee Euroexit gegen Sozialabbau – Österreich
  • Vereinigte Volksfront (Epam) – Griechenland

 

 

Zusatzerklärung von Epam (Griechenland)

„Der Nato-Austritt gehört aktuell nicht zu den Zielen der Epam. Trotz der Diskussionen über die Notwendigkeit der Auflösung der Nato, die bereits im Politbüro stattgefunden haben, wurden bisher keine explizite diesbezüglichen Forderungen in das Programm der Partei aufgenommen. Da der Austritt aus der EU und dem Euro gegenwärtig für die Rettung Griechenlands vorrangig ist, wird die Frage der Nato in einer späteren Phase behandelt werden.“