Des kleineren Übels überdrüssig

DSSN

Symposium für eine Plattform des Bruchs mit dem neoliberalen Regime

Was wollen wir erreichen?

von Wilhelm Langthaler

Bei jeder Wahl scheint sich das gleiche Trauerspiel zu wiederholen. Im Parlament gibt es niemanden, der den sozialen und demokratischen Interessen der Mehrheit Ausdruck verleihen könnte. Aus Angst, dass es unter Schwarz-blau noch schlimmer werden könnte, kreuzerln viele das „kleinere Übel“ an. Das sind jene, die seit drei Jahrzehnten nicht nur die Konterreformen durchsetzen, sondern damit erst den Humus für den Rechtspopulismus schaffen.

Es liegt auf der Hand, dass die Herrschenden ein Interesse an FPÖ & Co haben, auch um ihnen gegenüber als die Guten und Vernünftigen dazustehen. (Kurz‘ Erfolgsrezept scheint es, den Chauvinismus und die Islamfeindlichkeit der Freiheitlichen für den bürgerlichen Mittelstand salonfähig zu machen.) Ebenso wichtig ist es ihnen, sozialen Unmut und potentiellen Protest gegen das neoliberale Regime von unten als populistisch zu verunglimpfen und als organisch rechts abzustempeln, selbst wenn er progressive Inhalte hat. So wird die Kritik an der EU und ihrer systematischen Umverteilung von Arm zu Reich, von Peripherie zu Zentrum, versteckt hinter dem Schachzwang der Märkte und der scheinbar neutralen und supranationalen Brüsseler Beamtenschaft, automatisch „nationalistisch“.

Wir wollen diesen unsäglichen Mechanismus des kleineren Übels, der das neoliberale Regime stabilisiert, durchbrechen. Es gibt nicht nur in Südeuropa, sondern auch bei uns Anzeichen dafür, dass Platz dafür frei wird, wie „populistische“ Kandidaturen anzeigen. Klar, dass es da gewaltige Hindernisse zu überwinden gilt, beispielsweise die exklusive Medienkontrolle der Machthaber.

Dazu schlagen wir einen Pol für eine echte Opposition vor, auf der Basis von vier mehrheitsfähigen Begriffen: demokratisch – sozial – souverän – neutral. Diese nehmen indes auch die Herrschenden für sich in Anspruch. Die Verfassung verbrieft sie sogar und im Common Sense sind sie tief verankert. Doch die neoliberale Konterreform unterspült den sozio-politischen Kompromiss der Nachkriegszeit und verkehrt das Regime in eine Oligarchie: autoritär – ungleich – immer auf Seiten der imperialistischen Macht- und Konzerneliten. Die Euro-Krise und die Unterwerfung Griechenlands haben gezeigt, dass eine Kehrtwende nur mit einem Bruch möglich ist. Man muss sich auf einen heftigen Konflikt mit den Eliten einstellen. Daher kann eine echte Opposition nur eine des Bruchs sein, der sich auf die Mehrheit der Unter- und Mittelschichten stützt.

Es ist offensichtlich, dass uns die kritische Masse fehlt. Diese wollen wir in einem schrittweisen Prozess sammeln: die politischen Grundlagen schaffen, Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gruppen und Tendenzen vertiefen, mittels Aktionen sichtbar werden, die eigenen Kommunikationsmittel aufbauen, um sich direkt ans Volk wenden zu können, unbehindert von der „politisch-korrekten“ intellektuellen Isolierschicht, die das Regime, sei es auch als kleineres Übel, beschützt.

Die Initiative liegt bei uns, doch der Erfolg hängt wesentlich auch von Niveau des soziopolitischen Konfliktes ab. Die EU und ihre Einzelregime wollen uns glauben machen, dass die Wirtschafts- und Währungskrise überwunden sei. Doch die soziale Lage der Mehrheit, insbesondere in Südeuropa, bessert sich nicht. Die Krisenelemente von 2007 sind noch da, letztlich zurückzuführen auf die wachsende Ungleichheit und damit den Widerspruch zwischen Produktionskapazität und Konsumberechtigung der breiten Massen. Der Kollaps wurde durch einen neuen Kreditzyklus verhindert, der aber seinerseits irgendwann an sein Ende kommen wird. Wir halten die Situation insbesondere durch die enormen Ungleichgewichte in der EU und der Euro-Zone für unhaltbar und wollen uns auf weitere Konflikte vorbereiten.

Für das Symposium vom 30.9. sind die Nationalratswahlen nur der Anlass. Tatsächlich geht es um viel mehr, nämlich jene zusammenzubringen, die an der Entwicklung dessen arbeiten wollen, was seit Jahrzehnten fehlt: eine gesellschaftlich hörbare demokratische und soziale Kraft des Bruchs mit dem neoliberalen Regime.

Dieser Beitrag erscheint in der Zeitung der Solidarwerkstatt.

Nähere Angaben zum Symposium, das am 30. September 2017 stattfinden wird.