Der Internationalismus im Dienst des Kapitalismus

von Wolfgang Friedhuber, Die Linke Steiermark

Ein Narrativ verhindert linke Kritik

Die Schlagworte der Hoffnung

„Proletarier aller Länder vereinigt euch“ – ist einer der Aufrufe Linker Kräfte!

„Hoch die internationale Solidarität“ – ist ein anderer.

Beide sollten den ausbeuterischen Imperialismus ein Ende bereiten.

Beide sollten die kriegstreibenden Nationalismen des 19. Jahrhunderts beenden.

Internationalismus statt Nationalismus!

Kein Tod für Kaiser und Vaterland!

Die werktätigen Massen aller Länder fordern gemeinsam ihr Existenzrecht!

Die Perversion der Hoffnung

Auf dieses Narrativ beruft sich auch die EU heute, wenn es jemand wagt, ihren pervertierten neoliberalen Internationalismus zu kritisieren.

Besonders wirksam ist diese Art von Immunisierungsstrategie gegen Kritik von Seiten der Linken Kräfte.

Gefangen ihr ihrem internationalistischen Narrativ wird so EU-Kritik von fortschrittlichen Kräften verhindert.

Die internationale Realität

Die EU ist aber nahezu das Gegenteil dessen, was diese Aufrufe bedeutet haben!

Die EU vereinigt die Kapitalkräfte zu Lasten der proletarischen Schichten.

Statt einer sozialen Solidargemeinschaft wurde ein grenzenloser Investitions-Raum geschaffen, in dem die proletarischen Schichten, wie in der Feudalzeit, lediglich die Haftungsmasse für Profitinteressen darstellen.

Eine Bekämpfung der Armut, eine Befreiung des Proletariats aus ihrer existenziellen Abhängigkeit ist kein Ziel der EU. Das Ziel der EU und ihrer lokal-nationalen Regentschaften ist nach wie vor der Imperialismus – die Etablierung als Machtblock unter Machtblöcken.

Der neue Frieden

Friede, als Vermeidung von Militäreinsätzen ist in der EU auf EU-Mitgliedsländer beschränkt.

Internationalisiert wurde daher die Rüstungsindustrie: Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich sollte national nicht mehr in der Lage sein, gegeneinander zu rüsten – das war es! Soziales war da nie im Spiel!

Diese Internationalisierung geschah im Rahmen der Blockbildung der NATO.

Ein friedliches Europa im ursprünglichen Sinn des Wortes Frieden war nicht das Ziel.

Die neue Solidarität

Der nächste Schritt, die EWG, war schon vom Namen her eine Wirtschaftsgemeinschaft.

Das versprochen Ziel war: Wohlstand durch effiziente Produktion. Jedes Land optimiert seine Wirtschaft und kann seine Produkte zollfrei in ganz Europa vermarkten und schafft damit eine leistbare materielle Grundlage für alle Menschen.

Die soziale Komponente war dabei jedoch lediglich der Propagandamantel für die Möglichkeit der Gewinnsteigerung der Kapitalisten. Von Anfang an wurden die Rahmenbedingungen hauptsächlich genutzt, um einigen Unternehmungen Gewinnsteigerungen zu ermögliche – etwa auf Kosten von Exportförderungen.

Hoch die internationale Spekulationsgemeinschaft

Internationalisiert wurden dadurch die Spekulationsmöglichkeiten mit Rohstoffen, Boden und Finanzmittel.

Die Freiheit der Gier

Die vier großen Freiheiten der EU: Freier Kapitalverkehr, freier Personenverkehr, freier Warenverkehr und freier Dienstleistungsverkehr spiegeln klar die liberalen Wirtschaftsinteressen wieder.

Ohne den freien Kapitalverkehr wäre das Absiedeln von Betrieben aus Europa kaum in dem Umfang möglich gewesen – und schon gar nicht die beliebte Steuerflucht.

Der Mensch, der einen Wohnort braucht, der sich sein Leben gestalten will, der hat von den Freiheiten wenig. Er wird wieder zum Wanderarbeiter und zum Tagelöhner.

Es sind eben Grundfreiheiten einer auf ungezügelte Gewinnmaximierung zielende Wirtschaft:

  • Kapital dorthin, wo es den meisten Gewinn abwirft;
  • Waren dorthin, wo sie am teuersten verkauft werden können;
  • Warenbezug aus Produktionen mit den niedrigsten Löhnen.

Nach den produzierenden Betrieben wurden die Dienstleistungen ebenfalls auf diese Weise entgrenzt: Nicht der lokale Dachdecker soll zum Zug kommen, sondern der ferne Industriegigant.

Die auftretenden Transportkosten und Umweltschäden, die werden auf die Allgemeinheit abgewälzt.

Die Internationalität der Sklavenarbeiter

Und der Personenverkehr? Ja – wer Geld hat darf Reisen – und wer keines hat, kann sich der Arbeitsmigration anschließen.

Statt Befreiung der Proletarier eine Freizügigkeit der Ausbeutung von Arbeitskräften wie es zuvor nur in der Herrenmenschenideologie üblich war: Ukrainische Landarbeiter nach Deutschland, Polnische Erntehelfer nach Italien, Tschechische Altenpflegerinnen nach Österreich!

Gemeinsame, internationale Regeln für Ausschreibungen von Projekten – aber keine Regeln für soziale Mindeststandards. Steuergeschenke für die Industrie bei gleichzeitigem Abbau der Sozialstrukturen.

Die menschliche Würde auf das Grundrecht zum Betteln reduziert. Die Freiheit des Personenverkehrs um sich den Bettelplatz aussuchen zu können.

Die Sozialverantwortung der Institutionen liegt nur mehr beim Schutz der Investoren.

Der Prolet als Wettpfand

Und bei jeder krisenhaften Erscheinung sofort wieder die Haftung des Volkes für die Gewinne der Kapitalisten zu.

Alle 10 Jahre einer dieser Krisen, die zuletzt immer heftiger werden: 2008 die Bankenrettung 2020 die Rettung des restlichen Produktionskapitals; natürlich auf Kosten der arbeitenden Menschen.

Das Kapital darf nicht vergrämt werden

Verbot des Börsenkasinos, Verbot von Hochfrequenzaktienhandel, Tobinsteuer – alles kein Thema! Die EU will ja die „Investoren nicht vergrämen“.

Die EU – ein Schmierentheater der leeren Versprechungen

Für die Masse der Menschen versagt die EU auf allen Ebenen: Der Zusammenbruch der UdSSR wurde genutzt, um den NATO-Einflussbereich auszuweiten und militärische Drohszenarien aufzubauen, nicht um einen Friedensraum zu schaffen. Statt Politik ist Krieg im Gefolge der USA-Hegemonial-Interessen das Mittel der politischen Wahl: Libyen: Krieg – Jugoslawien: Krieg – Syrien: Krieg – Irak: Krieg! Europa ist immer dabei; ob am Hindukusch oder in Sudan.

Allen Voran ist Frankreich in die afrikanischen Kriegshandlungen verwickelt. Eine Friedensunion würde anders aussehen.

Auch in humanitärer Arbeit versagt diese EU: Beispiel Flüchtlingskrise.

Friede und Humanität und internationale Solidarität ist in den Sonntagsreden natürlich weiter Vorhanden. Es sind Versprechungen um die Menschen bei der lukrativen Stange zu halten.

Es sei nur in Erinnerung gerufen, dass die EU in der Agenda 2010 das Ziel publizierte, dass Europa bis zum Jahre 2010 der stärkste und dynamischste Wirtschaftsraum der Welt wird; 2008 gab es dann die bis dahin schwerste Wirtschaftskrise!

Die EU wird zum Aggressor

Die Umsetzung der Versprechungen der EU haben die Griechen in aller Härte erfahren müssen. Internationalisierung in der Gesinnung der EU-Granden bedeutete: Privatisierung des Volksvermögens durch internationale Kapitaleigner. Wohnraum, Wasser, Post, Gesundheitswesen, Grundstoffindustrie – alles wird zu internationalen Spekulationsobjekten.

Aber selbst in Österreich sind die lebensweltzersetzenden Auswirkungen zu spüren: Der freie UNI-Zugang wird sukzessive eingeschränkt. Die UNI wurde der Privatisierung geöffnet und damit zu einer Marktware. Die EU fördert die Merkantilisierung auf allen Gebieten. Post, Stadtwerke, Sozialdienste: Privatisierung, Verpfändung, Public-Private-Partnership-Konzepte und Ausgliederungen. Vermarktung möglichst aller Kulturgüter.

Die Menschen als bloßer Wetteinsatz

Die Menschen ohne Besitz, werden zu enteigneten Manövermassen, gut genug, um Schuldlasten abzuarbeiten aber ohne Mitsprache.

Wo zuvor noch eine Lebensentfaltung im Rahmen einer Sozialgemeinschaft möglich war, eine regionale Solidarität, eine gewisse Hoffnung der Lebensgestaltung, herrscht nun überall internationales Kapital!

Die soziale Einbindung der Menschen, die Berücksichtigung der Lebensinteressen der Menschen – all das ist nicht im Fokus des EU-Kapitalmolochs.

Der Euro als Knebel

Der Euro, als aufgezwungene Umlaufwährung ist das Zeichen dieser Kapitalherrschaft. Er verhindert jeglichen politischen Gestaltungsraum. Sozialpolitik, Solidarität mit den Schwächeren ist unter dem ausschließlichen Diktat einer undemokratischen Zentralbank im heterogenen Wirtschaftsraum nicht möglich.

Ein Ende mit Schrecken statt ein Schrecken ohne Ende

Daher: Raus aus dieser EU – her mit einer EU die soziale Solidarität als Kernvision beinhaltet.

Her mit einer bedingungslosen Existenzsicherung im EU-Raum für jeden Menschen in diesem Raum!